
Akzeptanz bei ME/CFS – Ein Schlüssel zu innerem Frieden, kein Zeichen von Aufgabe
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April 2025
Was bedeutet Akzeptanz – und was nicht?
Akzeptanz ist eines der zentralsten und gleichzeitig am häufigsten missverstandenen Konzepte im Umgang mit chronischen Erkrankungen wie ME/CFS. Sie bedeutet nicht Resignation, Aufgabe oder das Gutheißen von Leid. Vielmehr beschreibt Akzeptanz den inneren Schritt, das anzuerkennen, was im Moment ist – auch wenn es unangenehm, schmerzhaft oder ungerecht erscheint.
Bei ME/CFS heißt das zum Beispiel: Ich erkenne an, dass mein Energiehaushalt massiv eingeschränkt ist. Ich nehme ernst, dass ich mich nach körperlicher oder geistiger Aktivität verschlechtern kann (Post-Exertional Malaise, PEM). Ich höre auf, mich selbst dafür zu verurteilen, dass ich nicht mehr „funktioniere“ wie früher – auch wenn ich mir mein altes Leben zurückwünsche.
Akzeptanz ist damit kein Endpunkt, sondern ein lebendiger Prozess, der sich immer wieder neu einstellt – mal leichter, mal schwerer.
Warum ist Akzeptanz wichtig?
Akzeptanz ist kein Allheilmittel. Sie heilt keine Symptome. Aber sie kann eine grundlegende innere Entlastung bringen. Sie hilft:
-Stress zu reduzieren, der durch ständigen inneren Widerstand entsteht („Warum ich?“ – „Ich muss doch funktionieren!“).Besser auf sich selbst zu achten, weil man nicht mehr gegen den eigenen Körper kämpft, sondern mit ihm lebt
-.Realistische Entscheidungen zu treffen, z. B. wann Pausen nötig sind, welche Grenzen zu setzen sind oder welche Hilfsmittel gebraucht werden.
-Die Beziehung zu anderen zu verbessern – wenn man klarer kommunizieren kann, was möglich ist und was nicht. Besonders bei einer Erkrankung wie ME/CFS, die häufig unsichtbar ist und von außen infrage gestellt wird, wird die eigene innere Haltung zu einer wichtigen Quelle von Stabilität.
Warum ist es so schwer, Akzeptanz zu finden?
Weil chronische Erkrankungen fast immer mit Verlust verbunden sind: von Gesundheit, Beruf, sozialer Teilhabe, Zukunftsplänen oder sogar von der eigenen Identität. Und wo Verlust ist, da ist auch Trauer. Akzeptanz ist kein „Shortcut“ um den Schmerz herum – sie führt mitten hindurch.
Hinzu kommt bei ME/CFS oft:
-Fehlende gesellschaftliche und medizinische Anerkennung, die dazu führt, dass Betroffene selbst an ihrer Wahrnehmung zweifeln.
-Angst, etwas zu verpassen, wenn man sich dem aktuellen Zustand stellt.
-Der Druck, stark, positiv oder „kämpferisch“ sein zu müssen.
-Verwechslung von Akzeptanz mit Aufgabe („Wenn ich akzeptiere, dass ich krank bin, dann gebe ich mich geschlagen.“).
==> Akzeptanz ist das Gegenteil: Sie ist der Mut, die eigene Realität anzunehmen – und in dieser Realität das eigene Leben bestmöglich zu gestalten.
Wie lange dauert es, Akzeptanz zu erlangen?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Für viele ist es ein jahrelanger Prozess, der in Wellen verläuft. Es gibt Rückschritte, neue Trauerphasen, veränderte Perspektiven. Manchmal kommt Akzeptanz in kleinen Momenten: wenn man einen Tag ruhiger annimmt, wenn man sich selbst Mitgefühl schenkt, statt Selbstvorwürfe. Und manchmal spürt man sie deutlicher – als eine Art inneren Frieden, ein Ankommen.
Wichtig ist: Akzeptanz ist kein Ziel, das man erreichen muss, um „richtig“ krank zu sein. Sie ist ein Weg, den man mit sich selbst geht, in seinem Tempo, mit allen Umwegen.
Fazit: Akzeptanz als liebevolle Haltung – nicht als Verzicht
Für Menschen mit ME/CFS ist Akzeptanz ein wertvoller Teil des Umgangs mit der Erkrankung. Sie ersetzt keine medizinische Versorgung und keine Hoffnung auf Fortschritt. Aber sie kann helfen, das eigene Leben nicht nur im Schatten der Krankheit zu führen – sondern mit einem neuen, würdevollen Blick auf sich selbst.
Oder wie es eine Betroffene formulierte:
„Ich musste nicht aufhören zu hoffen – ich musste nur aufhören zu kämpfen gegen das, was gerade ist. Das hat alles verändert.“